02/07/2013

Pia Gazarek Offermann


Dipl.-Instrumentalpädagogin, Konzertgitarristin, Dipl.-Kulturmanagerin


Enzianstraße 4


12203 Berlin


www.piaoffermann.com



An den Musikschulleiter der Musikschule „Leo Borchard“


Herrn Joachim Gleich


Martin-Buber-Straße 21


14163 Berlin                                                                                                       Berlin, 30. Mai 2013



Sehr geehrter, lieber Herr Gleich,



seit August 1996 arbeite ich für unsere Musikschule „Leo Borchard“, der ich mich seither mit Freude und großem Engagement verpflichtet fühle. Innerhalb dieser Zeit habe ich eine stets kreative, motivierte und partiell sehr leistungsstarke Klasse mit Kindern ab 5 Jahren aufwärts bis zu Jugendlichen, Studienvorbereitenden für Universität und Musikhochschule sowie Erwachsenen aller Niveaus betreut. Schüler meiner Klasse profitierten von der regelmäßigen Zusammenarbeit und den gemeinsamen musikalischen Projekten mit anderen Kollegen und der Kammermusik. Bei Wettbewerben „Jugend musiziert“ erreichten ausgewählte begabte Schüler stets erste Preise in allen Kategorien.



Als Konzertgitarristin bin ich international unterwegs, siehe meine website www.piaoffermann.com und ich arbeite als Dozentin an der Hochschule für Künste in Bremen.



2003 schloss ich mein berufsbegleitendes Studium für Kulturmanagement ab. Hier setzte ich den Fokus auf Kulturpolitik mit der besonderen Spezialisierung zum Thema Musikschule. Meine Diplomarbeit „Plädoyer für Musikschulen – von der Notwendigkeit eines Musikschulgesetzes“ wurde von den Gutachtern der soziologischen Fakultät der Technischen Universität in Dresden empfohlen als eine Vorlage für politische Verhandlungen mit dem Land Berlin.



Auch habe ich das Seminar „Anforderungen an Leitungskräfte in Musikschulen“ der Musikakademie Remscheid absolviert.



Der folgerichtige Weg meiner beruflichen Weiterentwicklung wäre es, mittelfristig in der Leitungsebene einer bzw. unserer Musikschule zu arbeiten, als stellvertretende Leiterin oder als Fachbereichsleiterin meines Fachbereiches.



Stattdessen sehe ich mich mit den neuen Ausführungsvorschriften und dem daraus resultierenden neuen Dienstvertrag konfrontiert, der für das Land Berlin einen Schutz und juristische Absicherung vor Forderungen der Deutschen Rentenversicherung zur Abwendung der Scheinselbständigkeit darstellt. Richtig wäre gewesen, den Kern der hauptamtlich arbeitenden Lehrkräfte in ordentliche Arbeitsverhältnisse zu bringen, den weiteren Teil mit Tarifverträgen zu versehen. So wäre der planungssicheren und inhaltlich angemessenen Arbeit der Musikschulen in Berlin entsprechend Rechnung getragen worden.



Daraus folgend sehen sich alle Lehrkräfte, so auch ich, mit einer offensichtlichen Status- und auch eindeutigen Einkommensverschlechterung konfrontiert, die uns in das Prekariat, d.h. an den Rand der Gesellschaft drängt. Das Land Berlin ist bis heute keiner Korrektur einstmals festgelegter Honorarordnungen für Lehrkräfte an Musikschulen nachgekommen und hat akademisch ausgebildete Pädagogen zu keinem Zeitpunkt entsprechend vergütet.



Ich empfinde, dass meine Kompetenz und akademische Qualifikation, mein unermüdliches Engagement durch die neuen Regelungen wider aller Stellungnahmen und Verhandlungen mit der Senatsverwaltung im Wert umfänglich unterminiert werden. Lehrtätigkeit, politischer Kultur- und Bildungsauftrag werden nicht zuletzt durch den neuen Sprachgebrauch subtil, dennoch wirkungsvoll unterhöhlt. Lehrtätigkeit ist kein Leistungsauftrag im Sinne einer Dienstleistung. Unterricht ist kein Produkt. Diplomierte Pädagogen sind keine Auftragnehmer, sondern Lehrer, die Unterricht geben.



Ich kann unter diesen Umständen den neuen Vertrag nicht unterschreiben und sehe mich gezwungen, schweren Herzens nun meiner formalen Kündigung entgegen zu sehen. Ich kann und will unter diesen von der Senatsverwaltung implementierten Bedingungen, schon meines Berufsethos wegen, nicht mehr arbeiten.



Dieser Schritt fällt mir nicht leicht, denn ich hänge an unserer Musikschule, ich schätze Ihre Leitungstätigkeit, ich schätze die Zusammenarbeit mit vielen Kollegen, ich arbeitete gern für die Kollegen und für unsere Musikschule in der Lehrervertretung.



Mein Vertrag sieht nicht vor, dass ich zum 30.9.2013 meine Kündigung erhalte, sondern früher.


Daher bitte ich Sie, dass im Interesse aller Beteiligten mein Vertrag zeitgleich mit den außerordentlichen Kündigungen für alle meine Schüler aufgehoben wird, zum 01.08.2013, hilfsweise zum 01.09.2013, so dass diese ohne Schwierigkeiten und ohne weitere persönliche finanzielle Einbußen meinerseits vollzogen werden kann.



Lieber Herr Gleich, Sie wissen, dass wir immer hervorragend und persönlich vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Ich verlasse unsere Musikschule nicht freiwillig; ich scheide gezwungenermaßen aus.



Mit herzlichen Grüßen



Pia Offermann

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